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Die Lippeseeumflut: Am Stau vorbei

Die Lippeseeumflut: Am Stau vorbei

Bei Paderborn-Sande floss die Lippe durch den sogenannten Lippesee, der wie eine Falle für Flusssedimente und -bewohner wirkte. Die Lippe wurde getrennt um den Abgrabungssee geführt und fließt nun wieder frei am Stau vorbei.

Bei Paderborn-Sande floss die Lippe seit Anfang der 1980er Jahre durch den sogenannten Lippesee – einen Abgrabungssee, der durch den Abbau von Kies und Sand entstanden war. Der Fluss verließ den See über ein Auslaufbauwerk, das für Fische und andere Bewohner des Flusses nicht überwindbar war. Auch der See selbst war für viele strömungsliebende Arten eine Wanderbarriere. Das alte Auslaufbauwerk des Lippesees. Quelle: Margret Bunzel-Drüke

Dieser See wirkte wie eine Falle für Flusssedimente. Die von der Lippe transportierten Kiese und Sande wurden im See abgelagert und fehlten dem Fluss unterhalb. Dies hatte zur Folge, dass sich die Lippe unterhalb des Sees immer tiefer in das Gelände eingrub.

Im See wurde das Flusswasser erwärmt und trübe. Die im See produzierten Algen und abgestorbenen Kleintiere belasteten den Unterlauf als Nährstoffe. Aus dem klaren, kühlen Lippewasser am Einlauf des Sees wurde trübes, erwärmtes Wasser, das die Wasserqualität der Lippe über viele Kilometer belastete.

Dies sollte geändert werden. Die Lippe sollte wieder frei am Stau vorbei fließen. Deshalb wurde die Lippe wieder getrennt um den Abgrabungssee geführt.

Das Land Nordrhein-Westfalen verfolgte mit dem Bau der Lippeseeumflut also vorrangig drei Ziele:

  • Die Durchgängigkeit für wandernde Organismen sollte wiederhergestellt werden.
  • Der Transport von Kies und Sand in der Lippe sollte reaktiviert werden.
  • Die Gewässergüte in der Lippe unterhalb des Sees und im Lippesee sollte verbessert werden.

Nach einer Bauzeit von fünf Jahren und riesigen Bodenbewegungen wurde die rund 2,6 km lange Lippeseeumflut im März 2005 in Betrieb genommen.

Seitdem wird ein Untersuchungsprogramm zur Erfolgskontrolle durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass alle Ziele erreicht worden sind. Zum Teil wurden die Erwartungen sogar übertroffen.

Wiederherstellung der Durchgängigkeit für wandernde Organismen

Die Äsche, ein Bewohner der Lippeseeumflut. Quelle: Margret Bunzel-Drüke

Bereits nach wenigen Wochen hatten alle typischen Fischarten der Lippe die Umflut besiedelt und sich ober- und unterhalb des Lippesees ausbreiten können. Besonders große Bedeutung hat die Umflut für die Äsche bekommen, die sehr gut das abwechslungsreiche kiesige Flussbett der neuen Lippe mit den sich ständig verlagernden Kiesen nutzen kann und dort nun zahlreich zu finden ist. Erfreulich ist vor allem, dass sich Äschen hier sehr erfolgreich fortpflanzen. Gleiches gilt für Bachforellen, Koppen und Elritzen. Die Umflut stellt eine regelrechte Kinderstube dar. Unzählige Jungfische wachsen im Bereich der überströmten Kiesbänke und Kolke heran.

Reaktivierung des Transports von Kies und Sand in der Lippe

Mehrere 10.000 Kubikmeter Kiese und Sande sind durch die eigendynamische Entwicklung der neuen Lippe bereits umgelagert worden. Der Fluss hat seine Form selbst gestaltet: Die Profile sind flach und vielgestaltig geworden. Unterspülungen und tiefe Kolke sind entstanden. Die Lippe hat es sich in ihrem neuen Bett richtig gemütlich gemacht! Nun funktionieren auch die natürlichen Transportprozesse der Lippe wieder. Durch die regelmäßigen eigendynamischen Veränderungen entstehen immer wieder neue Lebensräume für typische Tier- und Pflanzenarten. Auch unterhalb des Sees sorgen die transportierten Feststoffe für eine Verbesserung der Gewässerstrukturen.

Verbesserung der Gewässergüte in der Lippe unterhalb des Sees und im Lippesee

Das Lippewasser ist unterhalb des Lippesees nicht mehr grüngelblich trübe von den Planktonmassen, die aus dem See ausgeschwemmt werden. Der Fluss ist vielmehr klar, kalt und sauerstoffreich. Diese Verbesserungen sind über lange Strecken viele Kilometer bis nach Hamm spürbar. Der Lippesee und mit ihm die Menschen haben ebenfalls von der ca. 8,5 Millionen Euro teuren Maßnahme profitiert: Es gelangen keine Nährstoffe mehr mit der Lippe in den See. Seit der Abtrennung 2005 hat der Lippesee ständig Badewasserqualität.

Das neue vielgestaltige Gewässerbett der Lippe. Quelle: NZO-GmbH