Bauvorsorge
Besondere Anforderungen an bauliche Anlagen sind dann zu beachten, wenn sich sie Anlage in einem Gebiet befindet, dass potenziell von Hochwasser betroffen ist. Hier erfahren Sie, wie hochwassergerechtes Bauen aussehen kann.
Der Neubau oder die Erweiterung baulicher Anlagen in Hochwasser-Risikogebieten sind unter Beachtung besonderer Anforderungen zu errichten. Dabei ist zwischen den Gebietskategorien zu unterscheiden.
Bauvorhaben in festgesetzten Überschwemmungsgebieten sind ohne wasserrechtliche Ausnahmegenehmigung grundsätzlich unzulässig (§ 78 Wasserhaushaltsgesetz, § 65 Wassergesetz).
Bauen in Gebieten außerhalb von Überschwemmungsgebieten, die erst bei Extremereignissen überflutet werden, ist allgemein möglich, muss aber standort- und anlagenbezogene Anforderungen an die Bauweise berücksichtigen. Nach § 78b Abs.1 Nr. 2 WHG sollen bauliche Anlagen in Risikogebieten außerhalb von Überschwemmungsgebieten „nur in einer dem Hochwasserrisiko angepassten Bauweise nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet oder wesentlich erweitert werden“. Abhängig von Art und Funktion sowie den technischen Möglichkeiten sollen Gebäude in Risikogebieten baulich an Hochwasser angepasst werden.
Hierfür kommen drei Strategien in Betracht:
Strategie des Ausweichens
Die Strategie des Ausweichens zielt darauf ab, eine Gefährdung durch Hochwasser für ein Gebäude zu reduzieren bzw. auszuschließen, indem die potenziell gefährdete bzw. hochwassersensible Nutzung außerhalb des Gefährdungsbereiches platziert wird. Dies kann durch verschiedene Formen des Ausweichens geschehen:
- Durch das horizontale Ausweichen, d.h. Standorte außerhalb der Gefahrenzone suchen.
- Durch das vertikale Ausweichen, d.h. dem Bauen auf Stelzen oder Aufschütten des Geländes.
- Durch Verzicht auf Unterkellerung.
- Durch Verlegung von wasserempfindlichen Nutzungen in höhere Stockwerke.
Allgemein ist die Strategie des Ausweichens die gesetzlich vorgeschriebene erste Wahl, jedoch verbleibt auch hier ein Restrisiko, denn bei extremen Ereignissen kann diese Strategie an ihre Grenzen kommen. Weiterhin ist sie in erster Linie für Neubauprojekte geeignet, da bereits in der Planungsphase entschieden werden muss, ob ein Standort gewählt wird, der nicht in einem Risikogebiet liegt bzw. ob dieser Standort bautechnisch geschaffen wird.
Strategie des Widerstehens
Im Gegensatz zur Strategie des Ausweichens wird bei der Strategie des Widerstehens versucht, das Eindringen von Wasser in ein Gebäude zu verhindern, indem die Gefährdung durch Hochwasser von dem Gebäude ferngehalten wird. Für diesen Zweck können Schutzeinrichtungen bei der Baukonstruktion realisiert bzw. am Bestandsgebäude entsprechend nachgerüstet werden. Je nach Ausführung der Schutzeinrichtung schaffen diese bis zu einem festgelegten Bemessungsgrad einen „geschützten Bereich“, vorausgesetzt es kommt zu keinem vorherigen Versagen der Schutzeinrichtung.
Die Strategie des Widerstehens kann bei bestehenden Gebäuden durchgeführt werden, ist aber meist effektiver, wenn sie bereits während der Planungsphase eines Neubaus bedacht wird. Spätere Nachrüstungen können aufwendig und kostenintensiv sein. Die Maßnahmen zum Schutz gegen Hochwasser im Rahmen der Strategie des Widerstehens sollten die verschiedenen Gefahrenquellen für potenzielle Hochwasserschäden (Flusshochwasser, Starkregen, Kanalrückstau und aufsteigendes Grundwasser) und damit die möglichen Wege des Wassereintritts berücksichtigen.
Lösungen, die das Eindringen von Wasser in das Gebäude verhindern, werden üblicherweise bautechnisch umgesetzt und können unterschiedlich ausgeführt werden.
Eintrittswege und Lösungen:
- Dem Eindringen von Rückstauwasser durch die Kanalisation kann mit einem Rückstauschutz (z. B. Rückstauklappe und Absperrschieber) widerstanden werden.
- Dem Eindringen von Grundwasser durch die Kellersohle und Wände, durch Umläufigkeiten bei Hausanschlüssen oder durch undichte Fugen kann mit einer wasserdichten Ausbildung des Untergeschosses (z.B. „Schwarze Wanne“ oder „Weiße Wanne“ und andere Abdichtungen) widerstanden werden.
- Dem Eindringen von Oberflächenwasser durch Luftschächte, Kellerfenster, Tür-/ Fensteröffnungen und infolge von Durchsickerung der Außenwand kann mit einer Bauwerksabdichtung (z.B. Wassersperren, druckwasserdichte Abdichtungen) widerstanden werden.
Strategie des Anpassens
Die Intention der Strategie des Anpassens ist die Schnittmenge zwischen Gefährdung und der Verwundbarkeit eines Gebäudes zu verringern und somit auch das resultierende Risiko zu minimieren. Praktisch wird die Verwundbarkeit eines Gebäudes gegenüber einem Hochwasser verringert, indem man es Widerstandsfähiger gegen Überflutungen macht. Beispielsweise können hochwasserangepasste Raumnutzungen die potenziellen Schäden reduzieren, sollte Hochwasser in das Gebäude eindringen.
Ebenfalls gehört die Verwendung von wasserbeständigen Baustoffen oder die Ausführung der technischen Gebäudeausrüstung (Heizungsanlage, Elektroinstallation) außerhalb des gefährdeten Bereichs zur Strategie des Anpassens. In einigen Fällen ist die gezielte Flutung des Gebäudes ebenfalls als Strategie des Anpassens zu verstehen, wenn bei ansteigendem Wasserstand der statische Wasserdruck auf die Gebäudehülle und Auftriebskräfte auf die Bodenplatte die Summe der eigenen Gebäudelast bzw. die Bemessungen der Gebäudeteile übersteigen.
Um Schäden entgegen zu wirken, kann durch eine gezielte Flutung ein Kräfteausgleich herbeigeführt werden. Die Flutung erhöht auf diese Weise die Eigenlast des Gebäudes, verhindert ein Aufschwimmen des Gebäudes und erzeugt andererseits einen Druckausgleich zu den statischen Wasserdruckkräften.
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